Hans-Jörg Clement

Materialität und Ambivalenz

Ein Gespräch mit Stef Heidhues

Hans-Jörg Clement: Die erste Begegnung mit Deiner Kunst ergab sich für mich auf der Art

Cologne, wo Du mit mehreren Arbeiten durch die Galerie Scharmann vertreten wurdest. In

der Ankaufskommission der Sammlung zeitgenössische Kunst der Bundesrepublik

Deutschland entschieden wir uns sofort zum Ankauf Deiner Arbeit “Madonna”. Kannst Du

beschreiben, inwieweit diese Arbeit für Dein Werk insgesamt aussagekräftig ist?

Stef Heidhues: Die ‘Madonna’ ist auf den ersten Blick mit ihrer kompakten Form und ihrer

Bildhaftigkeit gar nicht so typisch für mein Werk. Aber die Widersprüchlichkeit zwischen

Materialität und inhaltlicher Besetzung durch den Titel ist ein sehr grundlegender Aspekt.

Diese Ambivalenz muss nicht immer den Titel betreffen, aber sie ist wohl in allen Arbeiten

enthalten.

Ich hatte bei der Arbeit erst mal gar kein Ergebnis vor Augen, sondern fand zunächst einfach

das Material interessant: alte Fahrradketten. Die habe ich angefangen zu sammeln und im

Atelier über eine Schraube gehängt.

HJC:  Ganz nebenbei lässt Du einen sehr wichtigen Begriff fallen, der aus meiner Sicht für die

Qualität einer künstlerischen Arbeit maßgeblich ist: Ambivalenz.

SH: Ja. Mir geht es darum das Werk in einem Spannungszustand zu halten. Obwohl es um

Uneindeutigkeit geht, die ich erreichen oder bewahren will, muss ich dazu in Bezug auf die

Arbeit total klar sein. Uneindeutigkeit ist in diesem Fall das Gegenteil von Beliebigkeit.

HJC: Was wäre für Dich der ideale Ausstellungsort für “Madonna”?

SH: Die Madonna hängt am besten alleine und über Augenhöhe an einer Wand, die eher hoch ist

als breit. Eine Nische ist gut. Das ruft die Assoziation zu einer Pietà in einer Kapelle hervor,

bleibt aber offen und abstrakt genug.

In einer tatsächlich sakralen Umgebung – es gibt ja Galerien, die Kirchengebäude nutzen,

und immer wieder Ausstellungen in Kirchen – würde ich sie nicht zeigen. Das würde wie

eine platte Provokation wirken….

HJC: …oder zu vordergründig und didaktisch. Vor beidem bewahrst Du Dein Werk konsequent.

Der Titel der Arbeit – „Madonna“ – und ihre formale Lösung verweisen auf eine – wenn auch

gebrochene – sakrale, feierliche Dimension. Spielt die Frage nach Werten für Deine Arbeit

eine Rolle?

SH: Ich befasse mich mit ethischen Werten, Religion spielt in meiner Arbeit aber keine Rolle. Ich

habe mal von Simone de Beauvoir den Satz gelesen: „Ich bin nie leichtlebig gewesen“. Darin

habe ich mich ziemlich wiedererkannt.

Als Künstlerin sehe ich mich zwar nicht vollkommen außerhalb der Gesellschaft, aber schon

in einer Beobachterposition. Ich befasse mich damit, wie unsere Gesellschaft funktioniert

beziehungsweise wie und wo sie nicht funktioniert. Vom Einzelnen zur Gesellschaft, Themen

und Begriffe wie Toleranz, Abgrenzung, Machtverhältnisse – unter diesen Aspekten schaue

ich mir mein Umfeld an und verfolge das tagespolitische Geschehen.

HJC: Feierlichkeit, Erhabenheit, Heraldik sind Assoziationen, die sich an mehreren Stellen

aufdrängen. Was reizt Dich an diesen aufgeladenen, symbolträchtigen Strukturen? Haben sie

etwas mit Deinem gesellschaftspolitischen Interesse zu tun?

SH: Sie sind alle mit Macht verknüpft. Und Macht in jeglicher Ausformung – Machtanspruch,

Machtausübung und Ohnmacht – strukturiert unsere Gesellschaft, bis in die kleinste soziale

Einheit, bis ins Private, Psychologische. Je nachdem von welcher Seite man sie betrachtet,

bzw. erlebt und wie man sie einsetzt, kann sie etwas sehr Positives oder sehr Negatives sein.

Macht bedeutet Freiheit, und kann eingesetzt werden, um die Freiheit anderer zu unterbinden.

Freiheit wiederum kann Macht gefährden.

Wenn ich diese aufgeladene Symbolik benutze, dann ja immer gebrochen….

HJC: …also: ambivalent…

SH: …genau. Mich reizt immer wieder die vermeintliche Eindeutigkeit, und die kommt bei

solchen Symbolen automatisch mit. Die ‘Flag’ beispielsweise hat durch die auslaufenden, auf

dem Boden aufliegenden Enden der Ketten auch etwas Fragiles, Verletzliches – Verletztes

vielleicht sogar. Die aufgefädelten Fahrradketten fallen nicht schnurgerade herunter, sondern

bilden eine leichte Welle, eine kleine Verwerfung, wie Stoff.Von weitem sieht dieses rohe und

dreckige Material sogar transparent aus, weil die Ketten nicht genau ineinander liegen,

sondern sich Zwischenräume bilden.

'Flag' zitiert also zwar die Form einer Fahne, ist aber als solche nicht verwendbar. Die

Materialität – Fahrradketten, ein rohes, auch als so simple wie brutale Waffe einsetzbares

Material – stellt das Motiv/Instrument 'Fahne' wieder in Frage.

HJC: Ich will noch kurz beim gesellschaftspolitischen Kontext bleiben: In der immer

wiederkehrenden Diskussion um den politischen Gehalt junger zeitgenössischer Kunst

kommen Deine Arbeiten sympathisch unaufgeregt daher – keineswegs aber unpolitisch. Wie

reflektierst Du gesellschaftspolitische Entwicklungen? Dein Fence heißt ja nicht umsonst

“Good Fence”....

SH: Ich bin mir bewusst, dass Kunst immer im zeitgeschichtlichen Kontext steht und in diesem

gesehen werden muss. Damit ist sie schon in sich gesellschaftlich relevant und somit

politisch. Es kommt selten vor, dass ich Kunst gut finde, die eine Botschaft vermitteln soll.

Arbeiten wie ‘Caught Up Fence‘ oder ‘Railing’ sind durchaus beeinflusst durch politische

Ereignisse wie die Aufstände in den arabischen Ländern und Occupy Wall Street, was ich

direkt mitbekommen habe, als ich im September, Oktober und November 2011 in New York

war. Für die Arbeit später ist es aber nicht relevant, wo sie her kommt. Mit Motiven wie

Zäunen und Absperrungen geht es mir auch um innere Abgrenzung und psychologische

Barrieren.

HJC: Das hat Konsequenzen für das künstlerische Selbstverständnis.

SH: Ich glaube, wenn man sich als Künstler in seiner Arbeit fordert, immer wieder von sich

verlangt, das abgesicherte und abgesegnete Terrain zu verlassen, bedeutet das automatisch,

dass man offen sein muss, kritisch und wach. Das macht die Arbeit gesellschaftlich relevant.

Es interessiert mich nicht, Behauptungen aufzustellen oder im Dienste von jemandem oder

einer Sache Botschaften zu vermitteln…

HJC: …womit wir noch einmal bei dem Risiko wären, dass Arbeiten ins Didaktische kippen

können.

SH: Den Anspruch, eine Wahrheit oder allgemeingültige Aussagen zu machen, habe ich nicht. Ich

sehe es eher so, dass ich Angebote mache, aus meiner Perspektive. Diese Angebote mache ich

in meiner künstlerischen Sprache, insofern sind sie vielleicht auch nicht für jeden lesbar. Das

ist für mich vollkommen ok.

HJC: Sie sind vielleicht nicht für jeden lesbar, sind aber doch auch an keiner Stelle hermetisch.

Wieviel Assoziationsspielraum lässt Du dem Betrachter?

SH: Im Titel gebe ich oft ja schon einen Anhaltspunkt. Und die Werke nehmen durch die Art und

Weise, wie sie im Raum installiert sind, Bezug zum Raum auf. (Weil sie auch oft in Bezug

auf Räume entstehen.) Das heißt, dass die Leseweise von Arbeiten sich mit dem Kontext

verändern kann – manche Arbeiten sind da unabhängiger als andere. Aber der Betrachter

bringt, egal wie offen und aufmerksam er ist, auch immer etwas mit, seinen eigenen Kontext.

Diesen Resonanzkörper für die Arbeit kann ich ohnehin nicht beeinflussen.

HJC: Franz Erhard Walther, bei dem Du sechs Jahre studiert hast, steht mit seinem Werksatz für die

partizipative Idee. In diesem Zusammenhang spielt auch die Materialität eine besondere

Rolle. Knüpfst Du an dieser Stelle an Walther an oder ist Deine Sensibilität für Material und

Deine Lust, mit ihr zu spielen, ganz anders motiviert?

SH: Sicherlich hat mich seine Art mit Material umzugehen beeinflusst. Diese Lust Material

entgegen seiner Bestimmung zu benutzen, hatte ich, glaube ich, schon immer, aber sie wurde

durch das Studium gewissermaßen wieder freigesetzt, hervorgeholt. Das Unterlaufen, eine

Art konstruktive Verweigerung, weil sie etwas Neues, Eigenes schafft, da fühle ich mich

verwandt.

HJC: Eben. Könnte nicht der geheime Untertitel Deiner Arbeit heißen: Materialität und

Ambivalenz?

SH: Ja, das sind die zentralen Stichpunkte.

Meine Arbeiten sprechen ja nicht zuletzt durch ihr Material. Die Ambivalenz innerhalb der

Arbeit geht oft vom Material aus – das Material im Widerspruch zum Titel, zur Form, zur

herkömmlichen Einsetzbarkeit. Ich mache manchmal Listen von Materialien, die ich gerne

verwenden würde. Oder von Kombinationen, die ich reizvoll finde. Oder von welchen, die

mir zuwider sind, als Übung oder um mein Spektrum zu erweitern.

HJC: Neben dem Material ist es der Einsatz der Farbe, die den Betrachter irritiert. Welche Rolle

spielt die Farbe und: Kam für Dich jemals die Malerei in Frage?

SH: Meistens haben meine Arbeiten ja die Farbe des Materials oder sie sind dunkel, weil es vor

weißen Wänden die Form betont. Manche Arbeiten wirken dadurch wie Scherenschnitte oder

Zeichnungen im Raum. Bei ‘Railing’, bei dem die farbigen Objekte eindeutig ‘angedockt’

sind, betont die Tatsache dass sie farbig sind, das Angefügte, Fremde an ihnen.

Figure of Three (Blue Version), eine formale Komposition, die sich verändert, wenn man sich

im Raum bewegt, ist als räumliches Bild gedacht. Dass Farbe in meinen Arbeiten vorkommt

ist relativ neu und musste sich aus ihrer eigenen Logik entwickeln.

Ich habe im ersten Jahr in der Hochschule in Hamburg gemalt. Als ich nach der Grundklasse

bei Franz Erhard Walther in die Klasse kam, habe ich erst auch noch gemalt, aber es war für

mich immer schwer, mich diesem Arbeitsprozess zu stellen. Das Unausweichliche daran,

alles passiert auf einer Fläche an der Wand. Mir hat im Arbeitsprozess etwas gefehlt...

HJC: Das Räumliche? Die Architektur? Ein dezidierter bildhauerischer, skulpturaler Ansatz?

Ich wollte mit verschiedenen Materialien umgehen, etwas Räumliches schaffen, etwas um

das man herumgehen kann oder rein oder drauf, das verschiedene Perspektiven hat, und

Blickachsen bietet, sich zum Raum und zum Körper in Beziehung setzt.

HJC: Viele Deiner Arbeiten haben etwas Prozessuales – der Betrachter wartet geradezu darauf,

dass sie im nächsten Moment verändert werden oder sich selbst verändern. Dieses Ephemere

und Zufällige kontrastiert mit einer massiven Präsenz der Einzelwerke, buchstäblich:

raumgreifend. Wie entscheidest Du Dich bei der Arbeit für dieses Zwischenreich aus

klassischer (dauerhafter) Skulptur und in situ-Installation?

SH: Viele Arbeiten aus den letzten Jahren sind in einer Art Collagetechnik entstanden. Ich habe

damit angefangen, etwas an die Wand zu lehnen oder zu hängen, und habe das Objekt dann

durch Zufügen und Wegnehmen entwickelt. Nicht zuletzt hat mich dabei der Moment gereizt,

in dem Statik und Reibung an ihre Grenzen gebracht werden. Die Arbeiten sahen also nicht

nur aus wie in ein Balanceakt, sondern sie befanden sich oft wirklich in einem sehr fragilen

Zustand. Diese Empfindlichkeit der Arbeiten bedeutete auch, dass eigentlich immer ich selbst

die Arbeiten aufbauen musste, dass ich sie nicht in ihre Selbständigkeit entlassen konnte. Das

fand ich irgendwann belastend. Ich wollte den Kopf frei haben für die neuen Arbeiten. Also

habe ich versucht, die Fragilität und den Spannungszustand in den Arbeiten nicht unbedingt

unmittelbar physisch, sondern auf einer anderen Ebene zu erreichen.

HJC: In welchem Zusammenhang stehen Deine Papierarbeiten zum bildhauerischen Werk?

SH: In unterschiedlichen Zusammenhängen. Manche Collagen entstehen in direktem Bezug zu

Skulpturen, manchmal verwende ich sogar Teile von Zeichnungen, Skizzen, die ich für

Skulpturen gemacht habe. Beispielsweise ist die ‘Schwarze Serie’ von 2010, eine Reihe von

10 Collagen, ganz eng in Bezug auf die Skulpturen der Ausstellung Minor Frequencies

entstanden. Bei manchen räumlichen Arbeiten war die Arbeitsweise eine ähnliche, das

Hinzufügen und Wegnehmen, Verbinden von Gefundenem und Gemachtem.

HJC: Es gibt aber auch die ganz selbständigen, für sich stehenden Collagen…

SH: Ja. Es gibt Collagen, die total unabhängig von räumlichen Arbeiten entstehen. Ich sammle

Sätze, Zitate, Überschriften aus Tageszeitungen, alles mögliche Bildmaterial und

antiquarische Bücher. Immer wieder benutze ich auch die ganze Buch- oder Magazinseite mit

Bild und Text und überarbeite sie. Das mag ich auch an der Collagetechnik: man kann auf

Kompositionen die schon da sind, reagieren.

Seit in meiner bildhauerischen Arbeit auch ‘erkennbare’ Motive vorkommen, sind die

Collagen mehr zu einem eigenen Spielfeld geworden.

HJC: In den Collagen arbeitest Du auch mit Textmaterial. Wie wichtig sind Dir Literatur und

Philosophie?

SH: Ich mag die Möglichkeiten die sich in der jeweiligen Sprache bieten, zum Beispiel die

Präzision der deutschen Sprache und die Raffiniertheit und der Witz, die im Englischen

möglich sind.

In den Textcollagen habe ich Zitate aus Popsongs und von Philosophen oder Künstlern

verwendet, weil sie in mir etwas zum Klingen bringen, Bilder entstehen lassen.

Literatur ist für mich, wie auch Film, eine wichtige Inspiration/Quelle. Philosophie lese ich

eher in konkretem Bezug auf etwas, also eher ‘im Nachhinein’. Um eine Arbeit zu verstehen

und zu verorten. Wenn ich im Arbeitsprozess bin, lese ich keine philosophischen Texte, das

blockiert mich. Dann hinterfrage ich meine eigene Denkweise und meine Entscheidungen zu

sehr, gucke zu sehr von außen. Wenn ich im Arbeitsprozess bin, ist es kontraproduktiv den

Gedankengängen von jemand anderem zu folgen.

HJC: Gibt es für Dich in der Kunstgeschichte “cornerstoner”, die Dich beeinflussen, Positionen, die

Dein Verständnis von Bildhauerei geprägt haben?

SH: Brancusi. Die Reduktion. Den Sockel als Teil der Skulptur zu sehen, Wert auf das

Prozessuale zu legen, seine Skulpturen im Atelier zu fotografieren, die Kombination

unterschiedlicher Materialien und unterschiedlich bearbeiteter Oberflächen.

Rodin und Giacometti, die einen Moment in einer Bewegung so festzuhalten in der Lage

sind, dass die ganze Bewegung darin enthalten ist, dieses Halten von Spannungszuständen, so

dass der Betrachter sie regelrecht physisch nachvollziehen kann.

Bei Blinky Palermo die Klarheit der Formensprache, das Raumbezogene seiner Setzungen,

die subjektive Poetik, das gefundene Material.

Bruce Nauman. Es ändert sich, welche seiner Werke für mich gerade relevant sind, aber allein

die Tatsache, dass er in so vielen unterschiedlichen Medien und an so vielen Fragestellungen

gearbeitet hat, ist für mich wichtig. Während meines Studiums haben mich die Bühnen

interessiert und die Videoarbeiten mit den Korridoren. Im Moment interessieren mich vor

allem die Tierkarussells. Bruce Naumans Arbeit geht immer vom Einzelnen aus, sie adressiert

den Betrachter ja oft regelrecht, es geht um das individuelle Erleben, aber seine Arbeit hat für

mich absolut eine soziale, eine politische Dimension.

Louise Bourgeois, ihr Formenreichtum, ihre Freiheit und immer wieder ihr Witz. Zunächst

hatte ich mit dem Werk von Louise Bourgeois eher Schwierigkeiten, weil ich viele Motive als

ziemlich klischeehaft für die Darstellung weiblicher Ängste empfand. Letztes Jahr habe ich

im Dia Beacon in New York zum ersten Mal eine ihrer großen Spinnen im Original gesehen.

Dort waren auch ihre von der Decke hängenden Janus-Objekte. Die begeistern mich

besonders. Janus, der immer doppelgesichtig, in beide Richtungen schauend, dargestellt wird,

der Gott des Anfangs und des Endes. Die Janus-Objekte sehen aus wie eine Mischung aus

Croissant und Made, sie hängen ungefähr auf Augenhöhe und ihre Enden sehen aus wie

blankpolierte Phalli. Manche tragen Panzer. Die Objekte sind abstrakt und doch körperlich

und formal vollkommen eigenständig.

HJC: Und außerhalb der bildenden Kunst?

SH: Jean Luc Godard. Wie er mit Erzählebenen umgeht, die Narrationsebene mit der Metabene

verschränkt, und einer ästhetischen Logik folgt, die er über die erzählerische stellt. Und diese

gleichgültige Leidenschaft, die seine Figuren oft haben, die meistens innerlich zerrissen sind.

Nichts scheint sie zu überraschen, das Drama ist Alltag.

HJC: Zum Abschluss noch einmal an die Substanz: Was muss eine skulpturale Arbeit für Dich

haben, um relevant zu sein?

SH: Schwere Frage. Ich glaube, ich kann keine übertragbaren Parameter nennen, die eine Skulptur

relevant machen. Sicherlich geht es um Präsenz. Darum dass sich für mich etwas öffnet,

etwas auftut, wenn ich der Skulptur gegenüberstehe, wenn sich Gedanken oder Gefühle

einstellen, die ich vorher nicht hatte, also wenn sie Gedanken oder Gefühle auslöst. Ich

glaube, dass man es Kunstwerken ansieht, anmerkt, ob der/die KünstlerIn etwas wagt.

Persönlich, für sich. Ob er/sie das Risiko eingeht zu scheitern. Wenn das nicht der Fall ist,

dann ist es nur Gestaltung. Daraus kann keine relevante Kunst entstehen.

HJC: Um was muss es also gehen?

SH: Sich weiterzuwagen, eine eigene Sprache, ein Vokabular zu finden und es zu benutzen. Das

erfordert Mut, denn es bedeutet sich immer wieder mit einem Versuch zu exponieren.

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stef heidhues ©